Ein Fisch für alle Fälle. Der Hecht.

Der Hecht ist in Brandenburg ein weit verbreiteter Raubfisch. In den letzten Jahren haben viele Fliegenfischer den imposanten Jäger für sich entdeckt. Sie befischen ihn gerade in der kalten Jahreszeit und sind nicht weniger erfolgreich wie die Kollegen mit der Spinnangel. Mich fasziniert der Hecht schon seit meiner Jugend. 1990 fing ich meinen ersten Hecht mit der Fliegenrute und seitdem lässt mich diese spannende Jagd nicht mehr los. In der Zeit von Anfang Oktober bis Ende Januar ist der Hecht die Fischart, die sich hier bei uns in Brandenburg sehr gezielt mit der Fliegenrute befischen lässt. Ich hoffe in jedem Jahr auf einen milden Winter, denn bei Temperaturen unter -3 Grad vereisen die Ringe einer Fliegenrute sehr schnell und das Fliegenfischen ist dann kaum noch möglich.

Da die Taktik des Fliegenfischens der des Spinnangelns auf den Hecht sehr ähnlich ist und werferische Höchstleistungen oder Trickwürfe selten benötigt werden, kann diese Fischerei auch für einen Anfänger sehr erfolgreich sein. Ihr könnt Eure Erfahrungen, die Ihr mit der Spinnangel gesammelt habt, hier sehr gut einsetzen. Die notwendige Ausrüstung lässt sich inzwischen bei vielen Gerätehändlern besorgen oder dank dem Internet bis in das entlegenste Dorf direkt vor die Haustür ordern. Diese Anschaffung muss kein großes Vermögen verschlingen, zumal sie sich auch auf andere Fischarten (Meerforelle, Rapfen, Zander und Karpfen) einsetzen lässt.

Ich benutze in Seen, Kanälen und kleineren Flüssen Brandenburgs fast ausschließlich eine 9 oder 10 Fuß lange Rute der Klasse 7. Mit ihr lassen sich die im Durchschnitt 60 cm langen Fische gut „drillen“ und auch größere Kaliber stellten mich nicht vor unlösbare Aufgaben. In großen Flüssen und Seen oder an der Küste fische ich eine 9er Rute. Bei schwachem Wind kommt auch dort die 7er Rute zum Einsatz. Für Wurfweiten bis 15 m, schwache Strömung und Gewässertiefen bis 2 m komme ich in aller Regel mit einer Schwimmschnur und sinkenden Vorfächern aus. Diese Gerätekombination lässt sich auch von noch unerfahrenen Fliegenfischern gut werfen. Tiefe Flüsse und starke Strömungen verlangen nach einer schnell sinkenden Schnur. Für Wurfweiten über 15 m oder große, stehende Gewässer benutze ich ein Schusskopfsystem. Ich empfehle hier eine monofile Running Line und in flachen (bis 4 Meter Gewässertiefe), stehenden Gewässern einen intermediate Schusskopf. Tiefere Gewässerabschnitte verlangen nach entsprechend schneller sinkenden Schussköpfen oder Sinkvorfächern. Fortgeschrittenen Fliegenfischern kann ich Schussköpfe nur empfehlen, da sie schnell ausgetauscht werden können, in der Fliegenweste kaum Platz beanspruchen und auf eine weitere Ersatzspule verzichtet werden kann. Die veränderte Wurftechnik lässt sich mit ein wenig Übung rasch erlernen mit dem deutlichen Vorteil, weiter zu werfen und mit viel weniger Leerwürfen pro Wurf auszukommen. Ein Schusskorb ist dabei ein sehr nützliches, ja unentbehrliches Hilfsmittel, um maximale Wurfweiten zu erreichen und das Sortieren der langen Schussschnur zu erleichtern.

Die Rolle sollte einfach, robust und salzwasserfest sein. Ein großer Spulendurchmesser verbessert das Handling nicht nur mit Schussköpfen ungemein. Vergesst bitte nie eine Arterienklemme und eine Rachensperre, denn auch untermaßige Hechte können einen großen Streamer tief in ihr Maul saugen und nur mit beiden Hilfsmitteln lassen sich die Fische komplikationslos abhaken. In Fließgewässern benutze ich kurze, 80 bis 100 cm lange Vorfächer. Diese bestehen aus 0,45 mm Monofil, einem Einhänger, der die ca. 20 cm lange Stahlseide mit der Angelschnur verbindet. Meine Fliegen binde ich mit dem 8er-Knoten an die Stahlseide. Um eine neue Fliege am Stahlvorfach zu befestigen, kann dieser Knoten einfach aufgeschoben werden. Wichtig ist, dass sich die gesamte Kombination Fliege/Vorfach/Schnur/Rute gut werfen lässt. Übergroße und schwere Fliegen, wie sie oft empfohlen werden, verlangen einen erfahrenen Werfer und mindern die Wurfweite beträchtlich. Anfängern empfehle ich kleine und leichte Fliegen (Hakengröße 1 bis 4/0), mit Materialien gebunden, die wenig Wasser aufnehmen. Sie sollten 8 bis 15 cm lang sein, auch im stehenden Wasser gut spielen und sparsam mit den beliebten Glitzerfäden gebunden sein. Bewährt haben sich die Farbkombinationen Rot/Weiß und Grau/Weiß. Bindeanleitungen für einen fängigen Hechtstreamer findet Ihr hier auf dieser Seite.

Eines der wichtigsten Hilfsmittel für einen Fliegenfischer ist eine Polarisationsbrille. Sie reduziert die Reflexionen auf der Wasseroberfläche und ich kann in einigermaßen klaren Gewässern die Bahn des Streamers besser verfolgen. Viele Hechte schießen über das Ziel hinaus und verfehlen den Köder oder sie verfolgen den Köder, bis er die Wasseroberfläche durchbricht. Dabei ist sehr häufig, das Aufblitzen einer Körperflanke zu beobachten. Hat der Räuber die Fälschung nicht bemerkt, verleitet ihn vielleicht der nächste Wurf erneut zur Attacke. Nicht zuletzt ist die Brille ein wirksamer Schutz unserer Augen vor einer unkontrolliert geworfenen Fliege.

Beginnen würde ich meine erste Pirsch im Winter, an einem kleinen Kanal. Schaut euch doch einmal den Rhinkanal, die Fehrbelliner Wasserstrasse bei Fehrbellin, den Alten Finowkanal, die Dahme unterhalb Märkisch-Buchholz, den Nottekanal bei Königs Wusterhausen oder die Alte Oder bei Quappendorf an. In diesen nur 10 bis 20 Meter breiten Fließgewässern hat sich eine reiche Unterwasser- und Ufervegetation herausgebildet, die viele Hecht als Standort bevorzugen. In den Sommermonaten sind sie stark verkrautet, sodass das Fliegenfischen nur sehr eingeschränkt ausgeübt werden kann. Das ist schlecht für uns Angler, aber gut für die Hechte, haben sie doch so eine zusätzliche Schonzeit. Spätestens im Oktober werden die von mir beangelten Gewässer „gemäht“, um einen schadlosen Abfluss der Hochwasser zu gewährleisten. Jetzt lassen sich diese Gewässer aussichtsreich mit dem Streamer befischen.

Jeden zweiten Hecht, den ich in diesen Gewässern gefangen habe, fing ich vor meinen Füßen, an der abfallenden Kanalböschung oder unten im Winkel. Die restlichen Fische fing ich in der Strommitte oder in den Kolken unterhalb eines Wehres. Leises Pirschen und unauffällige Kleidung entscheiden daher auch hier über Erfolg und Misserfolg. Der erste Wurf am neuen Standort erfolgt stromab, parallel zum Ufer, der zweite Wurf stromauf, parallel zum Ufer. Danach beginne ich das Wasser fächerförmig abzusuchen. Dabei führe ich die Fliege sehr langsam, in ruckartigen Intervallen, immer dicht über die spärlichen, auch im Winter noch vorhanden Krautbetten, so tief es eben geht. Um einen Biss sofort zu bemerken, sollen Rute und Schnur möglichst immer eine gerade Linie bilden. So bleibt der direkte Kontakt zum Köder erhalten und ein Biss ist leicht zu erfühlen. Der Anhieb sollte beim Hecht mehrmals wiederholt werden, da die einschenkligen Haken im knochigen Hechtmaul nicht immer einen festen Halt finden. Um untermaßige Fische so schnell wie möglich abhaken und zurücksetzen zu können, fischt bitte immer mit angedrücktem Widerhaken. Ich angle nun schon seit vielen Jahren ohne „Angstbart“ und verliere natürlich auch den einen oder anderen Fisch, wobei dies nie eindeutig dem fehlenden Widerhaken zuzuschreiben ist. Viel wichtiger sind nadelscharfe Hakenspitzen, bitte kontrolliert nach jedem Hänger die Spitze und schleift diese gegebenenfalls mit einem Schleifstein nach.

Naturbelassene größere Fließgewässer wie zum Beispiel die Spree sind in Brandenburg leider kaum noch zu finden. Sie sind sehr anspruchsvoll zu befischen, da die Einstände der Fische nicht immer sofort zu erkennen sind und sich viele Gewässerstrecken in einem naturnahen Zustand befinden. Generell stehen die Hechte hier eher in den ruhigeren Bereichen, das sind unterspülte Ufer, Außenkurven, Buhnen, Gumpen unterhalb von Wehren und ausgeprägte Pflanzenbestände. Der stärkeren Strömung und der größeren Wassertiefe wegen solltet Ihr hier eine schnell sinkende Flugschnur und leicht beschwerte Fliegen benutzen. Hänger sind lästige Begleiterscheinungen, sie signalisieren uns aber auch, den Köder in der richtigen Tiefe angeboten zu haben. In großen Flüsse (Oder und Elbe) benutze ich abhängig vom Wind und den Wasserständen eine 7er oder 9er Fliegenrute und ebenfalls schnell sinkende Schnüre. Auch in diesen Gewässern findet Ihr die Hechte oftmals dicht vor Euren Füssen, entlang der Buhnen, im oberen und unteren Buhnenwinkel und um den Buhnenkopf. Doch auch Altarme, das Buhnenfeld mit seinen Drehströmungen und die Strömungskante entlang der Hauptströmung sollten systematisch abgefischt werden. Beide Flüsse haben einen ausgezeichneten Rapfen- und Zanderbestand, erbeutet werden diese Arten, meiner Erfahrung nach, eher als Zufallsfang. Der Rapfen ist, wie alle Weißfische, im Winter sehr inaktiv und der Zander bevorzugt sehr tiefe, stark strömende Fließstrecken, die sich mit der Fliegenrute nur schwer befischen lassen. Sind Euch die winterlichen Aufenthaltsorte der Zander bekannt, versucht einen beschwerten Streamer so tief und so langsam wie möglich anzubieten, um einen dieser scheuen Räuber zu überlisten.

Seen lassen sich im Winter ungleich schlechter befischen als Fließgewässer. Empfehlenswert ist ein motorisiertes Boot, das, mit einem Echolot ausgerüstet, die besten Chancen bietet, erfolgversprechende Beute zu finden. Die Hechte folgen mit abnehmender Wassertemperatur den Kleinfischen in tiefere Gewässerteile, die sich watend vom Ufer nur unzureichend befischen lassen. Ortsansässige Angler, die ihr Gewässer kennen, sind hier eindeutig im Vorteil. Die von mir favorisierten stehenden Gewässer sind die Bodden um Rügen und der Peenestrom südlich Usedoms. Hier lassen sich auch im Herbst und Winter Boote und Quartiere mieten und die Wahrscheinlichkeit, vielleicht einen kapitalen Hecht zu erbeuten, ist dort sehr hoch. Die weitläufigen Wasserflächen geben wenige Anhaltspunkte über den vermuteten Standort der Raubfische, zudem der Gewässergrund über weite Flächen keine markanten Strukturen aufweist. Mit fächerförmigen Würfen müssen die Gewässerflächen vom verankerten Boot abgesucht werden. Soll das Boot versetzt werden, reicht es den Anker anzuheben und sich eine Strecke vom Wind treiben zu lassen. So können große Wasserflächen systematisch abgesucht werden und der Erfolg wird nicht lange auf sich warten lassen. Ich konzentriere mich auf Gewässerbereiche, die zwischen 1,5 und 3 Meter tief sind, und fische am erfolgreichsten in der Zeit zwischen 9:00 und 14:00 Uhr.

Nachdem die neue Gewässerordnung eine verkürzte Schonzeit (vom 1. Februar bis zum 30. April) für den Hecht im Land Brandenburg vorsieht, eröffnen sich für alle Angelmethoden neue Möglichkeiten. Vielleicht nutzt Ihr diese Zeit einmal, um erstmals mit der Fliegenrute ans Wasser zu gehen. Mit ein wenig Übung erschließt sich Euch eine neue Welt, die vielleicht einige dazu veranlasst, ihre Grund- und Spinnruten endgültig in die Ecke zu stellen und die Welt des Fliegenfischens für sich zu entdecken. Solltet Ihr Fragen, Anregungen oder Bemerkungen haben, schreibt mir eine E-Mail.

Text/Fotos: Mario Retzlaff