Die Bachforelle – kein Fisch für schwache Nerven

Eine Bachforelle gezielt mit der Fliegenrute zu überlisten, ist immer etwas Besonderes. Zum einen sind die Gewässer, die eine erfolgreiche Waid versprechen, hier in Brandenburg limitiert, zum anderen sind diese Gewässer schwierig zu befischen.
Viele Fliegenfischer bevorzugen zum Saisonbeginn die bekannten Gewässer der Mittelgebirge. Die Forellen steigen dort viel häufiger nach Oberflächennahrung und sind im Frühjahr nicht sehr wählerisch, wenn es darum geht ihren Appetit zu stillen. Im schnell fließenden Wasser muss eine Forelle sofort reagieren, um die Beute zu erwischen. Es bleibt ihr wenig Zeit sich den Köder genau anzuschauen.

Der Fliegenfischer, der den schnellen Erfolg sucht, sollte seinen ersten Versuch vielleicht an einem Gewässer im Harz, Thüringer Wald oder Erzgebirge wagen. Für wenige Euro kann er, im Rahmen des Gewässerfonds des DAV, eine Angelkarte für interessante Salmoniden-Gewässer in Sachsen-Anhalt und Thüringen erwerben.

An unseren brandenburgischen Tieflandbächen werden wir nur selten eine Forelle direkt im Gewässer beobachten können. Am häufigsten verraten sich Forellen, wenn sie bei der Nahrungsaufnahme die Wasseroberfläche durchbrechen. Diese Phasen der vermehrten Oberflächenaktivität sind im zeitigen Frühjahr eher selten zu beobachten.
Deshalb verwende ich kurz nach dem Ende der Schonzeit vorzugsweise eine Nymphe oder einen Streamer um eine Bachforelle zu überlisten. Die noch weitgehend fehlende Unterwasservegetation stört die Drift der Nymphe noch nicht und ich kann Bereiche beangeln, die in wenigen Wochen nur noch mit der Trockenfliege zu befischen sind.

Unter einer Nymphe verstehen wir die Imitation einer aquatischen Insektenlarve oder eines Flohkrebses. Bachflohkrebse, Libellen-, Eintags- und Köcherfliegenlarven sind die wichtigsten Kleintiere, die als Vorbild für unsere Kunstfliegen in Frage kommen. Sie kommen in unseren Gewässern in einer großen Arten- und Formenfülle vor. Zum Nymphenfischen benutze ich eine Rute der Klasse 5 oder 6 und eine schwimmende Keulenschnur. An meinem rutenlangen Vorfach ist ein farbiger Bissanzeiger montiert. Mit ihm erkenne ich, auch unter schlechten Sichtverhältnissen, jeden Biss. Meine Nymphen sind mit schwarzen Messingperlen oder Bleidraht unterschiedlich beschwert, so kann ich die Drift der Fliege den verschiedenen Tiefenverhältnissen am Bach optimal anpassen. Bachforellen stehen dicht am Grund im Strömungsschatten, vor, hinter oder unter einem Hindernis, in einem Kolk oder einer tiefen Rinne. Sie bevorzugen stets einen gut geschützten Einstand. Dort lauern sie auf abtreibende Nahrung.

Beim Fischen mit der Nymphe bevorzuge ich das Stromauffischen, da ich mit dieser Technik meine Nymphe sehr realistisch anbieten kann. Habt ihr einen vermuteten Einstand entdeckt, wird die Fliege, abhängig von der Strömungsgeschwindigkeit, einige Meter oberhalb davon abgelegt. Die Fliege benötigt diesen Vorhalt, um auf die geschätzte Tiefe abzutauchen. Erst wenn meine Nymphe den vermuteten Einstand erreicht hat, hauche ich ihr aus dem Handgelenk mit der Rutenspitze gefühlvoll Leben ein. Unsere Fliege sollte mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Strömung auf den Fisch zu oder an seinem Einstand vorbei treiben. Während der Drift muss die Flugschnur ständig verkürzt werden, um mit der Fliege in „Kontakt“ zu bleiben und bei einem Biss sofort einen Anhieb setzen zu können. Erfolgt kein Biss, lasse ich während der nächsten Drift die Fliege langsam aufsteigen. Dazu hebe ich die Rutenspitze gefühlvoll an. Diese Technik wird in der Literatur als Leisenring-Lift beschrieben. Sehr häufig wird die Nymphe genau in der Aufstiegsphase vehement genommen. Der Bissanzeiger zieht dann ruckartig gegen oder quer zur Strömung weg. Jedes Stehenbleiben oder Wegziehen des Bissanzeigers ist mit einem sofortigen gefühlvollen Anhieb zu quittieren. Ihr merkt schon, dass das Nymphenfischen eine sehr anspruchsvolle Form des Fliegenfischens ist. Jedoch bietet diese Technik die Möglichkeit, einen Gewässerabschnitt systematisch abzusuchen und die Fliege an Stellen zu präsentieren, die mit einem stromab geführten Streamer nie zu erreichen sind.

Trotzdem kann auch ein Streamer im Frühjahr sehr erfolgreich sein. Ein Streamer ist eine Reizfliege. Er kann über seine optischen Reize wirken oder mit etwas Phantasie ein Fischchen, einen Egel oder eine Kaulquappe imitieren. Einem Anfänger kann ich diese Technik sehr empfehlen. Sie ist einfach zu erlernen und kann schon mit geringen Grundkenntnissen erfolgreich ausgeübt werden.

Zum Streamerfischen benutze ich die gleiche Rute-Rolle-Kombination wie zum Nymphenfischen. Einziger und wichtiger Unterschied ist eine sinkende Fliegenschnur und ein kurzes, 0,25 mm dickes und 100 cm langes, monofiles Vorfach.
Erfolgreiche Gewässerstrecken sind unterspülte Ufer, tiefe Rinnen, Wehrkolke und stark verwachsene Uferstrecken. Einen Streamer biete ich im 45° Winkel stromab zum anderen Ufer an. Ich lasse ihn absinken, füttere noch etwas Schnur nach, um ihn möglichst dicht am Grund anbieten zu können, und strippe ihn dann ein. So lässt sich sein Lauf gut kontrollieren und die Strömung hilft mir, ihn in Bereiche treiben zu lassen, die ich nicht anwerfen kann. Sollte der Streamer, trotz der verwendeten Sinkschnur, nicht tief genug fischen, klemme ich wenige cm vor dem Fliegenknoten ein zusätzliches Bleischrot auf das Vorfach. Gelegentliche Hänger am Grund zeigen mir, dass ich in der richtigen Tiefe fische. Bleibe ich nie an einem Hindernis hängen, fischt die Fliege zu flach und die Fische quittieren mein Angebot nur selten.

Die Salmonidengewässer in Brandenburg beherbergen meist keine reine Forellenpopulation und gerade in den Mittel- und Unterläufen passiert es häufig, dass ein Hecht, Barsch oder Döbel unseren Streamer attackiert. Ein Hecht geht fast immer verloren, da er mit seinen scharfen Zähnen das Monofil durchschneidet. Wenn der Räuber nicht lange gedrillt wurde, solltet Ihr euch nicht ärgern. Knüpft an das Ende des Monofils ein Stahlvorfach und bindet einen etwas größeren Streamer an das Vorfach. Sehr oft schlägt Meister Esox beim nächsten Wurf erneut zu und Eure Chancen stehen nicht schlecht, diesen Fisch dann auch zu landen.

Für viele meiner Freunde beginnt die Bachforellensaison erst im späten Frühjahr mit dem Erscheinen der Maifliege. Zwischen Anfang Mai und Mitte Juni schwärmen die Eintagsfliegenarten Ephemera danica und Ephemera vulgata, von den Fliegenfischern kurz Maifliege genannt. Beide Arten sind mit einer Körperlänge von 30 mm schon recht imposante Erscheinungen und können am Wasser nicht übersehen werden. Sie locken die Bachforellen regelmäßig an die Oberfläche, und auch der Ungeübte kann dann eine Bachforelle beobachten und mit etwas Geschick auch überlisten.

Die dabei angewandte Technik nennt sich Trockenfliegenfischen, da die Fliege von der Oberflächenspannung des Wassers getragen wird und, wenn sie gut gebunden ist, nicht „nass“ wird. Zum Trockenfliegenfischen benutze ich die gleiche Gerätekombination wie zum Nymphenfischen. Sehr wichtig ist ein sich gut abrollendes, 3 bis 3,5 m langes Vorfach. Die Stärke des Vorfaches richtet sich nach dem zu beangelnden Gewässer. An stark verwachsenen Gewässern benutze ich eine 0,25 mm dicke Vorfachspitze. Damit lassen sich auch gute Fische druckvoll drillen und ein Abtauchen unter Baumwurzeln und in Pflanzenpolster kann ich verhindern. Eine Scheu der Forellen vor dem dicken Monofil konnte ich in der Maifliegenzeit bisher nicht feststellen. Egal wo Ihr zur Maifliegenzeit fischt, mit großen Fischen ist gerade jetzt immer zu rechnen. Lasst Euch nicht von winzigen Ringen narren, oftmals verbirgt sich darunter ein große Forelle. Übrigens werden die größten Bachforellen oft unterhalb der Salmonidenstrecken, in den Mischgewässerabschnitten gefangen.

Egal ob ich stromauf oder stromab laufe, ich halte mich immer vom Ufer fern und suche die Wasseroberfläche, ca. 20 m vor mir, nach steigenden Fischen ab. Ich versuche jede verräterische Störung zu vermeiden und laufe langsam und vorsichtig. Habe ich eine steigende Forelle bemerkt, suche ich mir eine Position, von der ich den Standort der Forelle aus sicherem Abstand genau beobachten kann. Das ist sehr wichtig, da der erste Wurf entscheidend ist. Bei jedem weiteren Wurf halbieren sich die Chancen den Fisch zum Biss zu verleiten. Ich lasse den Fisch eine oder zwei Maifliegen von der Oberfläche schlürfen, präge mir den oft nur bierdeckelgroßen Bereich genau ein, und taste mich vorsichtig zu dem Punkt vor, von dem ich meinen Wurf ausführen und den Fisch auch sicher landen kann. Die Fliege sollte ca. einen dreiviertel Meter vor dem Standort sanft auf das Wasser aufsetzen und direkt durch das Zentrum des letzten Ringes driften. Wenn es irgendwie möglich ist, werfe ich die Forelle, wie beim Nymphenfischen, stromauf an. Der Angler steht dann hinter dem Fisch und wird dort kaum wahrgenommen. Diese Taktik hat beim Trockenfliegenfischen den geringen Nachteil, dass der Fisch zuerst das Vorfach und dann die Fliege sieht. Beim Wurf stromab kann die Forelle zuerst den Angler, dann die Fliege und das Vorfach sehen. Selten kann sich ein Angler so am Ufer verbergen, dass er nicht zuerst vom Fisch bemerkt wird. Die Sinne der Fische sind in erster Linie stromauf, in Richtung der antreibenden Nahrung gerichtet und genau dort würde sich der Angler befinden.
In häufig begangenen Gewässerstrecken oder zum Ende der Maifliegezeit können Bachforellen sehr heikel sein. Bei der geringsten Störung (Bodenerschütterung, Schatten des Anglers, unsauber präsentierte Fliege) stellen die Forellen sofort die Nahrungsaufnahme ein.

Übersehen kann man einen Biss auf eine Maifliege nicht. Der darauf folgende Anhieb sollte in einen ständigen, kontrollierten Zug übergehen, bei dem ich versuche, den Fisch an der Oberfläche zu halten und nicht in die Unterwasservegetation abtauchen zu lassen. Der Drill hat auch bei Fischen um die 50 cm nie länger als wenige Minuten gedauert. Viele Fließgewässer weisen Mitte Mai schon ausgedehnte Krautbestände auf und ein darin fest gekommener guter Fisch ist dann unweigerlich verloren. Zur Landung benutze ich einen langstieligen Unterfangkescher. Mit ihm lässt sich auch eine hohe Uferböschung gut überbrücken. Bei kleineren Forellen löse ich meine stets widerhakenlose Fliege mit nassen Händen aus dem Fischmaul und setze den Fisch schonend zurück. Dazu halte ich den Fisch vorsichtig mit dem Kopf gegen die Strömung und warte, bis er von allein aus meiner Hand schwimmt.

Das Mindestmaß in den Gewässern des LAVB beträgt für die Bachforelle 30cm. Vom 16.10. bis zum 15.04. eines jeden Jahres ist eine Schonzeit festgesetzt, in der alle gefangenen Bachforellen zurückgesetzt werden müssen. Die Fangbegrenzung von 5 Salmoniden pro Angeltag und maximal 100 Stück im Jahr erscheint für meinen Geschmack als viel zu hoch angesetzt.

Nur mit erheblichem ehrenamtlichem Engagement vieler freiwilliger Helfer und der Unterstützung des LAVB, lässt sich der Bestand an Bachforellen in den Fließgewässern Brandenburgs auf dem Niveau der letzten Jahre erhalten. Diese Tatsache darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bachforelle in Brandenburg eine bedrohte Fischart ist und unseres Schutzes und unserer Fürsorge bedarf. Besser geschützt und erhalten werden müssen auch die empfindlichen Biotope, die die Bachforelle für eine natürliche Reproduktion benötigt. Zu häufig werden die kleinen Fließgewässer immer noch als Abflussgräben angesehen und auch so bewirtschaftet.

Petri Heil

Text/Fotos: Mario Retzlaff /Foto5: Dirk Wattenbach /Foto9: Nico Hesselmann